Der Silvester am 31. Dezember

Silvester lebte im 4. Jahrhundert und war Bischof von Rom. Sein Name verbindet die Tradition mit der Taufe Kaiser Konstantins, der das Christentum für alle zur verbindlichen Religion erklärte. Heute feiert man am Altjahrsabend Gottesdienst und blickt auf das vergangene Jahr zurück. Die Bitte um den Segen für das neu anbrechende Jahr beschließt die Feier, bei der die Jahreslosung oftmals in der Predigt ausgelegt wird.

Das Silvesterfest am 31. Dezember markiert den rechnerisch-kalendarischen Übergang in ein neues Jahr und geht somit - entgegen seiner Namensgebung - nicht auf einen christlich-religiösen Ursprung zurück. Letztere Komponente ist eher peripher: Silvester erhielt seine Bezeichnung als Gedächtnistag Papst Silvesters, der seit 314 römischer Bischof war, am 31.12.335 verstarb und der Legende nach Täufer Konstantins I. war. Obwohl dieser Kaiser eine entscheidende Wende einleitete, indem er das Christentum erstmals als gleichberechtigte römische Staatsreligion auswies, gilt Leben und Schaffen Silvesters als vergleichsweise unbedeutend und haben keinerlei Einfluss auf das Silvesterfest gezeitigt.

Der Silvesterabend steht sinnbildlich für den Abschied vom alten und den Start ins neue Jahr. Dieser Übergang wird kulturell mit unterschiedlichen Brauchhandlungen verbunden, die differierender regionaler und zum Teil auch sozialer Prägung sind. Die Zukunft erschien in der Vormoderne kaum kalkulierbar. Wohlstand war für die Bevölkerungsmehrheit maßgeblich von klimatischen Bedingungen abhängig, die Sorge vor Hunger- und Notjahren entsprechend groß. Diese Tatsache spiegelt sich in diversen Orakelbräuchen, die zum Jahresübergang abgehalten wurden und heute zum Teil noch in spielerischer Form Anwendung finden. Bleigießen, Schuhwerfen und Apfelschälen sind regionale Ausformungen des gleichen Wunsches - einen Blick in die Zukunft zu erlangen.

Weitere Brauchhandlungen stehen mit der Silvesterfeier in Verbindung und kennen regionale Ausprägungen: Während man durch festliche Mahlzeiten einen glanzvollen und zugleich positiven Jahreswechsel einläuten, in Umzügen und Spielen symbolisch das alte Jahr und seine Sorgen vertreiben wollte, dienten viele Feste tatsächlich der Gemeinschaftskonstitution, stärkten also soziale Beziehungen und sicherten somit indirekt vor wirtschaftlichen Alltagsrisiken ab. Soziale Aspekte des familiären und nachbarschaftlichen Lebens waren in der Vormoderne wichtige Absicherungen der ökonomischen Lebensbasis. Heute ist oft nur die äußere Form sozio-kultureller Handlungen erhalten, diese aber mit neuen Funktionskontexten verknüpft - so steht zwar das Feuerwerk überregional im Vordergrund, der ursprüngliche Sinn bleibt jedoch weitgehend unbekannt.

In evangelischen Gottesdiensten am Silvesterabend (Altjahresabend) steht das Motiv der "vergehenden Zeit" im Mittelpunkt. Einige Gemeinden bieten auch Mitternachtsandachten an, um einen meditativen, ruhigen Übergang in das neue Jahr zu ermöglichen.

Autor: Lars Winterberg